10. Oktober
2010:
Kongressband
"Psychoanalyse und
Expressionismus" in "Glanz & Elend" rezensiert
20. September
2010:
Franziska
Gräfin zu
Reventlow - eine Lübecker Ausstellung 2010
30. März
2010:
Neuerscheinung:
Psychoanalyse & Expressionismus / Kongressband vom 7.
Internationalen Otto Gross Kongress in Dresden liegt vor
26. Januar 2009:
Harald Szeemann
im
Kunstmuseum von Mendrisio
5. Januar 2009:
The Laws of the Father - Freud
/ GROSS / Kafka. Ausstellung und Vortragsreihe im Freud-Museum, London
18. November 2008:
Wer fragt schon nach Kuhle
Wampe? Die Internationale Otto Gross Gesellschaft als Bilderrahmen
eines Romans
3. November 2008:
Neuerscheinung: Ehre, Ansehen,
Frauenrechte - Max Weber als Prozessjurist. Eine Untersuchung von
Albrecht Götz von Olenhusen (Freiburg i.Br.)
9. September 2008:
Psychoanalyse und
Expressionismus - Spurensuche in Dresden: Internationaler Otto Gross
Kongress vom 3. - 5. Oktober 2008 in der Elbmetropole
17. Februar 2008:
Hans Gross und seine Erben
5. Februar 2008:
Otto Gross als Mitspieler in
einer Krimiserie
15. Januar 2008:
Neuerscheinung: ...
da liegt der riesige Schatten Freud’s nicht mehr auf meinem
Weg. Die Rebellion des Otto Gross / Kongressband vom 6. Internationalen
Otto Gross Kongress in Wien liegt vor
Kongressband "Psychoanalyse und
Expressionismus" in "Glanz & Elend" rezensiert
von Albrecht Götz v. Olenhusen, Freiburg i.Br.
10. Oktober 2010 (iogg) - Der Kongressbericht des 7.
Internationalen Otto Gross Kongresses in
Dresden, "Psychoanalyse und Expressionismus", herausgegeben von Werner
Felber, Albrecht Götz von Olenhusen, Gottfried Maria Heuer und
Bernd Nitzschke (Marburg: Literaturwissenschaft.de 2010, 568 S., 29.90
Euro) wurde in der Zeitschrift "Glanz & Elend" durch Franz
Siepe ausführlich rezensiert. Die Zeitschrift ist ein Magazin
für Literatur und Zeitkritik. Die Besprechung geht auf die
einzelnen Vorträge sachkundig ein. Verwiesen wird dabei auch
auf die Forschungen zum Thema Otto Gross und Expressionismus von Thomas
Anz und auf den Band "Der Fall Otto Gross" von Christina Jung und
Thomas Anz (Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2002).
Weitere
Informationen: www.glanzundelend.de/artikel/otto_gross.htm
Franziska
Gräfin zu
Reventlow - eine Lübecker Ausstellung 2010
von Albrecht Götz v. Olenhusen, Freiburg i.Br.
20. September 2010 (iogg) - In der Zeit vom 12. September 2010
bis 21. November 2010 wird im Buddenbrookhaus, Heinrich-und
Thomas-Mann-Zentrum, Lübeck, die Ausstellung "'Alles
möchte ich immer'. Franziska Gräfin zu Revenlow
1871-1918“ gezeigt.
Der Band mit dem gleichen Titel, von Kornelia Küchmeister,
Dörte Nicolaisen und Ulrike Wolff-Thomsen mit einem Beitrag
von Ulla Egringhoff, Göttingen: Wallstein 2010 bringt
biografische Beiträge zu Kindheit und Jugend, der
Lübecker Zeit der Familie, über das
Künstlernetzwerk Münchens, die "polnischen
Münchener", sowie zu Reventlows ambivalentem
Verhältnis zur Autorschaft.
Die exzellent konzipierte Ausstellung zeigt die vier großen
Stationen: Husum, Lübeck, München und Ascona. Der
wunderschöne Begleitband druckt die meisten der Exponate als
Abbildungen.
Der Band beeindruckt auch neben den fundierten Artikeln vor allem auch
durch die hohe Zahl bislang wenig oder nicht bekannter Dokumente und
Bilder. Im Zusammenhang mit dem Roman "Herrn Dames Aufzeichnungen" und
unter der Rubrik "Freunde" wird näher auf Erich
Mühsam und den durch ihn vermittelten Otto Gross Bezug
genommen. Die Beziehung zwischen Reventlow und Otto Gross wird nur
relativ knapp gestreift (S. 214f.), auch die Freundschaft zu Frieda
Gross und Ernst Frick, der Konflikt Ottos und Friedas mit Hans Gross
kurz erwähnt, Marianne und Max Weber, für die sie
einige Bedeutung hatte und vice versa, werden nicht thematisiert. Die
Beziehung der Reventlow zu den "Wahrheitssuchern" des Monte
Veritá wird als eher skeptisch charakterisiert.
Diese Notiz soll die Leser der Internetseite der Internationalen Otto
Gross-Gesellschaft auf diese hier nicht auszuschöpfende und
daher auch nicht im Detail zu besprechende, sehr wichtige Ausstellung
und Publikation hinweisen. Die Publikation enthält z.B. auch
bemerkenswerte Ausführungen zu den frühen, auf
Bachofen basierenden Matriarchatsvorstellungen der Münchener
Kosmiker (S. 198ff.).
Die Ausstellung wird auch noch in Kiel, Husum, Berlin und
München gezeigt werden.
Neuerscheinung:
Psychoanalyse & Expressionismus / Kongressband vom 7.
Internationalen Otto Gross Kongress in Dresden liegt vor
Der Sammelband präsentiert die Vorträge des 7.
Internationalen Otto Gross Kongresses vom 3. bis 5. Oktober 2008 in
Dresden. Der Kongress wurde von der Internationalen Otto Gross
Gesellschaft (Hannover/London) zusammen mit der Sächsischen
Wissenschaftlichen Gesellschaft für Nervenheilkunde e.V.
veranstaltet.
In Dresden liegen mit dem Wirken der Künstlervereinigung
"Brücke" nicht nur die Anfänge des Expressionismus,
die Elbmetropole kann auch als eines der Zentren des späten
Expressionismus gelten. Die Aufbruchstimmung am Ende des Ersten
Weltkrieges umfasste alle Kunstschaffenden. Die Ordnung und Ideale der
Väter hatten versagt. Die Suche nach einer neuen
Sozietät mit einer tragfähigen Basis stand auf der
Tagesordnung. Leben und Vorstellungen des österreichischen
Arztes, Psychoanalytikers und Revolutionärs Otto Gross
(1877-1920) waren Vorbilder für Dresdener Intellektuelle wie
z.B. die Dichterin Bess Brenck Kalischer oder für Heinrich
Goesch. Dessen Bruder Paul Goesch hatte in Dresden-Laubegast 1908 "das
vielleicht schönste murale Dokument ... an der Grenze zum
beginnenden Expressionismus" (Fritz Löffler) geschaffen. Die
provozierenden Ideen von Otto Gross halfen den
Emanzipationsbestrebungen der jungen Generation auf der Suche nach
einer neuen Identität. Der interdisziplinäre Kongress
suchte nach Spuren dieser Entwicklungen, die weit in das 20.
Jahrhundert hinein die moderne Kultur mit prägten und zum Teil
vergessen wurden. Zahlreiche Referentinnen und Referenten aus
Österreich, Deutschland, der Schweiz,
Großbritannien, den Niederlanden, den USA und
Ungarn widmeten sich in Vorträgen Einzelfragen der
Geschichte und Gegenwart von Psychoanalyse, Kunst, Literatur, Medizin
und anderen Wissenschaften sowie der Biografie von Otto Gross
und seinem Verhältnis zur Kunst.
Der Band enthält auch einige Beiträge, die nicht auf
dem Kongress präsentiert werden konnten, einen
Kongressbericht, Berichte über andere Veranstaltungen und
Publikationen im Kontext der Arbeit der IOGG, Buchhinweise und
Buchbesprechungen.
|
Psychoanalyse
& Expressionismus.
7.
Internationaler Otto Gross Kongress. Dresden, 3. bis 5.
Oktober 2008.
von Werner Felber / Albrecht Götz von Olenhusen / Gottfried
Maria Heuer / Bernd Nitzschke (Hrsg.)
Verlag LiteraturWissenschaft.de (TransMIT)
Marburg an der Lahn 2010
588 Seiten
ISBN 978-3-936134-23-0
Preis: EUR 29,90 |
Die Autoren
Esther Bertschinger-Joos, Gerhard M. Dienes, Huub
Engels, Walter Fähnders, Werner Felber, Melinda Friedrich,
Albrecht Götz von Olenhusen, György Péter
Hárs, Gottfried Maria Heuer, Simon Hofmann, André
Karger, Kristina Kargl, Zvi Lothane, Jennifer E. Michaels, Bernd
Nitzschke, Stefanie Poley, Thomas Reuster, Hans-Jürgen
Sarfert, Albrecht Scholz, Sophie Templer-Kuh, Piet Tommissen, Eduardo
Díaz Velásquez, Erdmute Wenzel White.
Die Herausgeber
Werner Felber, Prof. em. Dr. med., Klinik und
Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus , geb. 1944 in Dresden,
seit 1971 tätig als Arzt, Psychiater und Psychotherapeut, seit
1992 als Prof. für Psychiatrie, 1999 – 2006 als
Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie am Universitätsklinikum Dresden, 1998-2006
Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Suizidprävention (DGS), 2001-2009 Vorsitzender der
Sächsischen Wissenschaftlichen Gesellschaft für
Nervenheilkunde (SWGN), regelmäßige
Lehrtätigkeit, mehrere Wissenschaftspreise, zahlreiche
Vorträge und Publikationen in den Arbeits- und
Forschungsschwerpunkten Depression, Rezidivprophylaxe affektiver
Erkrankungen (Lithium-Prophylaxe), Suizidologie, Forensische
Psychiatrie, Psychiatriegeschichte; Medizinethik. Neben
üblichen berufstypischen Gesellschaften u. a. Mitglied der
International Association for Suicide Prevention (IASP), der
International Academy for Suicide Research (IASR), der International
Group for the Study of Lithium Treated Patients (IGSLI), der
Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung suizidalen Verhaltens der DGS. Mehr
als 230 Veröffentlichungen (inklus. 18 Monographien) zu o.g.
Schwerpunkten sowie Arbeiten zu Peregrinus Proteus, Carus,
Jerusalem/Werther, von Kleist, von Günderrode, Schreber,
Felixmüller, Grosz und Gross.
Albrecht Götz von Olenhusen, Dr. jur.,
Rechtsanwalt, Lehrbeauftragter u.a. an der Filmhochschule
Potsdam-Babelsberg, Journalisten Akademie Stuttgart,
Universität Marburg, Universität Düsseldorf.
Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften und
Volkswirtschaft in Göttingen/Freiburg/Zürich
wissenschaftlicher Assistent, Auslandreisen,
Verwaltungstätigkeit, Autor, in den Bereichen Urheber- und
Medienrecht, Rechts- und Zeitgeschichte. Forschungsarbeiten und
Publikationen u.a. zu Walter Benjamin, Johannes Nohl, Siegfried
Kracauer, Georg Lukacs, Louis Blanc, Proudhon, Balzac, Hans und Otto
Gross. Veröffentlichungen: „Carl Schmitt, Otto Gross
und die Bohème“ (2003); „Hans Gross/Otto
Gross. Die Geschichte eines Prozesses“ (2003);
„Wahnsinn in den Zeiten des Krieges. Franz Jung, Otto Gross
und das Kriegsrecht“ (2004); „Die heißen
und die kalten Klaviere der Macht. Die Prozesse des Hans
Gross“ (2005); Götz von Olenhusen/Heuer (Hg.),
„Die Gesetze des Vaters“ (2005);
Dienes/Götz von Olenhusen/Heuer/Kocher (Hg.) „Gross
gegen Gross. Ein paradigmatischer Generationskonflikt”
(2005). Angaben zu weiteren Veröffentlichungen: www.drgoetzvonolenhusen.de.
Gottfried Maria Heuer, Dr., Lehranalytiker und
Supervisor der Association of Jungian Analysts, London,
Neo-Reichianischer Körperpsychotherapeut, seit über
35 Jahren Privatpraxis in West London; breitgefächerte
künstlerische Tätigkeiten - Graphik,
Photographie, Skulptur (Einzel- und Gruppenausstellungen in
verschiedenen europäischen Ländern), Lyrik
(englisch/deutsch); zahlreiche Vorträge auf internationalen
Kongressen und Veröffentlichungen zu den Verbindungen zwischen
Analyse, radikaler Politik, Körperpsychotherapie und
Spiritualität, sowie der Geschichte psychoanalytischen Denkens
(Gross, Freud, Jung, Nohl, Reich) in hauptsächlich englischer
und deutscher Sprache, mit Beiträgen u.a. in Analytische
Psychologie, Energy and Character, Harvest, International Journal of
Jungian Studies, Journal of Biodynamic Psychology, Juni, La Vouivre,
Psychotherapy and Politics International, Spring, The International
Journal of Psychoanalysis, The Journal of Analytical Psychology,
Transformations, Zeitschrift für
Körperpsychotherapie; (Mit-)Herausgeber von 7 Kongress-und
Symposiumsbänden der Internationalen Otto Gross Gesellschaft ,
deren Mitbegründer er ist. Herausgeber von Sacral Revolutions.
Reflecting on the Work of Andrew Samuels. Cutting Edges in
Psychoanalysis and Jungian Analysis (Hove, New York: Routledge, 2010),
ist er zur Zeit mit der Herausgabe von Sexual Revolutions:
Psychoanalysis, History and the Father beschäftigt (ebenfalls
bei Routledge, 2010/11).
Bernd Nitzschke, Dr. phil.: geb. 1944 in Dresden.
Studium der Psychologie in Marburg (Dipl. Psych. 1976), Promotion in
Bremen (1979). Während und nach dem Studium
Wissenschaftspublizist (u.a. DIE ZEIT). 1979-87 Wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Klinischen Institut für Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie der Heinrich Heine Universität
Düsseldorf. Seit 1988 Psychoanalytiker (DGPT) in eigener
Praxis in Düsseldorf. Lehranalytiker, Supervisor, Dozent am
Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie
Düsseldorf e.V.; Supervisor und Dozent am Institut
für psychotherapeutische Forschung, Methodenentwicklung und
Weiterbildung an der Universität zu Köln.
Lehraufträge an der Fernuniversität Hagen und an der
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Arbeitsschwerpunkte:
Theorie und Geschichte der Psychoanalyse; Geschlechterpolitik mit
besonderer Berücksichtigung der Psychoanalyse des Mannes.
Veröffentlichung zuletzte: Karl Fallend, Bernd Nitzschke
(Hg.): Der 'Fall' Wilhelm Reich. Beiträge zum
Verhältnis von Psychoanalyse und Politik. Gießen
(Psychosozial-Verlag) 2002.
Weitere Informationen: Inhaltsverzeichnis;
Bestellen
Harald Szeemann im Kunstmuseum
von Mendrisio
von Albrecht Götz v. Olenhusen, Freiburg i.Br.
26. Januar 2009 (iogg) - Harald Szeemann (1933-2005) war nicht nur der
begnadetste
Ausstellungsmacher des Jahrhunderts. Er war auch Sammler, Archivar -
ein Archiv der Obsessionen hat sich in Maggia im Laufe der Jahre
entwickelt. Innerhalb dessen hat Ascona, haben Otto Gross und sein
Umfeld, Hans Gross und der Generationenkonflikt stets ihren wichtigen
Stellenwert gehabt - der nach wie vor unnachahmliche, als Quelle und
Anregung unverwüstliche Band über den
„Monte Verità“ (Mailand 1979) legen
davon Zeugnis ab. Bis zum 8. Februar 2009 zeigt jetzt das Museo d'arte
Mendrisio "Harald Szeemann: Il viaggio meraviglioso“.
Kuratiert ist die Ausstellung von Simone Soldini, mit
Unterstützung von Gianna Ruepp, die in den letzten Jahren mit
Szeemann zusammen gearbeitet hatte.
Szeemann hat eine, seine Welt auch im Archiv zusammengetragen. Davon
gibt die exzellente Ausstellung mehr als nur Fragmente wieder. Eine
Ausstellung über einen Ausstellungsmacher, der zurecht als ihr
König bezeichnet worden ist. Der "Hang zum Gesamtkunstwerk"
stand vielleicht als Obertitel über diesem Leben und Werk,
unruhig, beunruhigend, immer voller neuer Einsichten, Perspektiven,
Anregungen und Erkenntnisse, bewundernswerte Funde aus Vergangenheiten
und Gegenwarten. Da gab es gleich zu Beginn Hugo Ball, da gab es die
wunderbare Ausstellung "When Attitudes Become Form", oder - auch hier
wiederum mit konkreten Referenzen zu Otto und Hans Gross und ihrem
Umfeld - "austria im rosennetz" (Wien 1996 u.a.). Harald Szeemann wirkt
auch bei dieser Ausstellung, die nicht nur museal konzipiert ist, im
Geiste mit - ja er schaut auf das Ensemble vom Plakat aus zu - und auch
das Persönliche des großen Kurators, Autors,
Künstlers Szeemann, dem die Internationale Otto Gross
Gesellschaft den letzten Züricher Kongress gewidmet hat,
wirkt. Harry Szeemann war ein Entgrenzer par excellence. Man hofft,
dass diese Ausstellung vielleicht auch eine Wanderung antreten wird -
nicht nur als Stück trauernde Erinnerung, mit
Erinnerungsstücken und bekannten und unbekannten Exponaten,
sondern als Aufruf und Anregung, als fortwirkende produktive Aufregung
in Wissenschaft, Kunst und Literatur.
Weitere
Informationen: www.mendrisio.ch/Museo/home.htm
The
Laws of the Father - Freud / GROSS / Kafka. Ausstellung und
Vortragsreihe im Freud-Museum, London
Vorträge
Dienstag, 13. Januar 2009, 19 Uhr (Eintritt
£ 8.00; Freunde £ 5.00)
- Dr. Gottfried Heuer,
London, Jungian Psychoanalyst in private practice (AJA),
Co-Founder and Chair of the International Otto Gross Society: The
Birth of Intersubjectivity: Otto Gross (1877 - 1920): Life, Work and
Impact on the Development of Psychoanalytic Theory and Clinical Practice
Dienstag, 20. Januar 2009, 19 Uhr (Eintritt £ 8.00; Freunde
£ 5.00)
- Gerald Davidson, London: Mad
about Otto Gross: Wild Analyst in the Literary Imagination.
Performance/Presentation
Freitag, 30. Januar 2009, 19 Uhr (Eintritt £ 12.00; Freunde
£ 10.00)
Symposium I: Fathers and Sons
- Dr. Gerhard Dienes, Graz,
Austria, Johanneum: Gross versus Gross
- Dr. Thomas
Mühlbacher, Graz, Austria: Hans Gross, the Father of
Criminology
- Dr. Albrecht Götz
von Olenhusen, Freiburg i. Br., Germany, Lawyer and Historian: Sigmund
Freud, Max Weber and the Sexual Revolution
Samstag, 31. Januar 2009, 9 Uhr 30 - ca. 17 Uhr 30 (Eintritt
£ 60.00; Freunde 10% Nachlass)
Symposium II: Sexual Revolutions
- Prof. David Bennett, Birkbek
University, London, University of Melbourne (Chair): Introduction
- Prof. Sander Gilman, U.S.: Kafka,
Sex and the Jews
- Prof. Andrew Samuels,
London, Universities of Essex, New York, Roehampton; Training Analyst,
(SAP): Promiscuities: Social, Sexual and Spiritual Dimensions
(and a Word on Hypocrisy)
- Dr. Gottfried Heuer, London,
Jungian Training Psychoanalyst and Supervisor in private practice
(AJA), Co-Founder and Chair of the International Otto Gross Society: "The
Sacredness of Love" or: "Relationship as Third, as Religion": Otto
Gross' Concept of Relationship Today
- Birgit Heuer, Ph.D.cand.,
London, Jungian Analyst in private practice (BAP): Healing
Relationships: The Art and Science of Forgiveness
- Prof. Susie Orbach, London,
writer and Psychotherapist, in conversation with Brett Kahr, London,
writer and psychotherapist: Sexual Liberation: Where have we
got to?
Zur Buchung der Einzelvorträge: Tel. ++44/(0)207-7435-2002,
zur Buchung der Symposia: Tel. ++44/(0)207-7435-2002 oder online @ www.freud.org.uk
Wer
fragt schon nach Kuhle Wampe? Die Internationale Otto Gross
Gesellschaft als Bilderrahmen eines Romans
Von Eduardo Díaz Velásquez
(Lima/Berlin)
18. November 2008 (iogg) - Kuhle Wampe, der
große Bertolt-Brecht-Film in der Regie von Slatan Dudow, der
erste sozialistische Spielfilm der Weimarer Republik, das den
filmischen Ruhm des Autors Brechts begründenden Werkes, steht
im Zentrum des Doku-Romans von Teresa Ruiz Rosas, einer
peruanisch-deutschen Autorin aus Köln.
Sie legt damit nach „Der
Kopist“ und mehreren in spanischer Sprache in Peru und
Spanien erschienenen Romanen ihr erstes Werk auf Deutsch vor.
Doku-Romane haben Konjunktur. Nach einem sogleich mit dem Hercule
Poirot-Preis gekrönten flämisch belgischen Krimi um
Hans und Otto Gross im Wien des Jahres 1913 figuriert hier die
pointilistisch abkonterfeite, aber unverkennbar zuzuordnende
Gründung der Dr. med. Gross Raymann-Gesellschaft des Jahres
1999 im Berliner Bauhaus als orangefarbenes Bilderrähmchen en
miniature: Für eine romaneske Recherche der Tochter Dudows,
Frau Bakarel, und der Autorin nach dem wahren Autor des Filmstoffs -
eine Suche hier nach dem Recht des Vaters vor der Geschichte, vor der
Nachwelt.
Dekryptomaniesüchtige würden in
einem solchen, nicht immer lakonisch gewebten
„Nachschlüsselroman“ fündig
werden können. Wenn schon nicht namentlich, so sind nach
der realen Natur freundlich-fröhlich bis zur
Kenntlichkeit ent-fremdete Figuren wie Nicolaus Sombart, Sophie
Templer-Kuh oder der apokryphe Autor des
„Paradiesuchers“ nicht zu übersehen, von
fragwürdig romanhaften Persönlichkeiten minderer Art
und Güte aus unterschiedlichsten Fantasie-Sphären und
belletristisch verfärbten Spielwiesen ganz zu schweigen. Mit
charmanter Ironie und scheinbar mangelnder Distanz, mit dem subjektiven
ethnologischen Blick auf das männliche und weibliche
Personal, mit der Lupe auf den Abnormitäten,
Pathologien und Abarten des „fremden“, teutonischen
oder auch erotisch eingefärbten Erdteils, ausgestattet mit der
Fähigkeit und dem Stil einer etwas barock hantierenden
Rasierklinge zwecks pfeilgrader, empathischer, karikaturistisch und
karikativ bissiger Entfremdung werden filigrane Verästelungen
europäischer Kulturwelten der 30er bis 90er Jahre mit der
honigsüßen Milde südamerikanischen
grünen Pfeffers und der täuschenden
Sanftheit und Zärtlichkeit einer Grandma Moses-Stickerei eher
ein wenig eingesäumt denn radikal und direkt
entblößt: Unsere Landsmännin beherrscht die
Sprachen der Dritten wie der Ersten Welt - und auch der
untergegangener. Vielleicht gibt es auch Leser, die manches lieber
zwischen den Zeilen und Welten lesen würden. Dazu
zählt zum Beispiel auch der Rezensent. Aber auch er ist Voyeur.
60 Jahre linke Filmgeschichte zwischen
gläubiger Ikonografie, Verblendung und Vertuschung,
eingezäunt von einer beinahe übergroße
Fülle rasant erzählter Reminiszenzen - die filmische
Rückblende stand wohl als probate Patin schon früh am
Kinderbett des jugendlich nostalgisch-revoluzzerischen Filmclubs
„Blanco et Nero“ - ein Weltkind mitten zwischen
den angebeteten Heroen Brecht und Dürrenmatt
(er tritt in persona in einem Kapitel auf!), zwischen
Unfallopfern der Historie in Ost und West - bis hin zu Todeskreuzen an
Straßen und Mauern der alten, der neuen sozialistischen und
der Dritten Welt - entfalten und vollenden sich Schicksale - immer
wieder sind es Töchter, die sich nicht ohne
amoureske Gefühlswelten den Wahnwelten der Vergangenheiten,
der Vor- und Nachwelt gefährlich gefährdend nahen.
Slatan Dudows Tochter und die Nachwelt - so
hätte der Roman auch genannt werden können. War der
bulgarisch-proletarische Männerfreund Slatan nach so vielen
Frauenopfern auf dem Altar des Großen B. B. ein weiteres
freiwilliges Opfer des einsamen Kollektivisten? Der Roman erscheint zu
einem Zeitpunkt, da Sandra Löhrs Film über Sophie
Templer-Kuh, die Tochter von Otto Gross zu sehen ist: „Die
Vatersucherin“ (ORF). Folgen jetzt nach den
Vater-Sohn-Konflikten des Expressionismus die modernen
Töchter-Väter-Beziehungen? Die Sanftheit des so
merkwürdig harmonischen Titelbildes mit zwei beschirmten
Frauenfiguren früherer Epochen, ohne die schützenden
Grenzen eines goldenen Rahmens, täuscht
über die Härten und verborgenen
Hämen des ethnologischen, des fremden, des weiblichen Blickes
hinweg - nicht lange währt, im Angesicht des weihe- und
liebevoll angereicherten Titels, der erwartungsvolle Wahn des vor allem
die Gemeinheiten einer Lovestory erhoffenden Lesers: Er reicht nur bis
zur scharf gestochenen Radierung des ersten Kapitels. Die
kriminalistisch angereicherte Roman-Reportage beginnt. Und
plötzlich findet man sich - zusammen mit der Autorin -
zwischen ziemlich allen Stühlen.
Teresa Ruiz Rosas: Wer fragt schon nach Kuhle
Wampe? Von der Liebe und anderen Gemeinheiten. Roman. Weilerswist:
Verlag Ralf Liebe, Ed. Die Tausend, 2008. ISBN 978-3-941037-02-1. 20
Euro
Titel bestellen: www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3941037021/ref=nosim/internationao-21
Neuerscheinung:
Ehre, Ansehen, Frauenrechte – Max Weber als Prozessjurist.
Eine Untersuchung von Albrecht Götz von Olenhusen (Freiburg
i.Br.)
3. November 2008 (iogg) - Der Freiburger Jurist
Albrecht Götz von Olenhusen hat jetzt eine rechtshistorische
Arbeit vorgelegt, die sich mit Max Webers Gerichtsprozessen in Dresden,
Heidelberg und Graz befasst. Der erste Konflikt betraf den Heidelberger
Prof. Adolf Koch und ehrverletzende Veröffentlichungen der
Dresdener Neuesten Nachrichten, der in verschiedenen Verfahren vor
Heidelberger und Dresdner Gerichten ausgetragen wurde. Der zweiten
Komplex betraf Max Webers Mitwirkung an den Prozessen von Frieda Gross
und Otto Gross gegen den Vater von Otto Gross, den berühmten
Grazer Strafrechtsprofessor Dr. Hans Gross, Graz, u.a.
anhängig bei österreichischen Gerichten in Tulln und
Graz.
Die Studie beruht weitgehend auf bislang nicht
veröffentlichten Prozessakten aus verschiedenen privaten und
öffentlichen Archiven in Österreich, England,
Deutschland und der Schweiz. Sie schließt sich an Vorstudien
an, welche u.a. im Rahmen der Kongresse und Symposien der
Internationalen Otto Gross Gesellschaft zusammen mit anderen
wissenschaftlichen Institutionen des In- und Auslands vorgetragen
worden sind.
Es geht dabei unter anderem um Max Webers
Eintreten für Marianne Weber in ihren öffentlichen
Konflikten als Protagonistin der Frauenemanzipation, um Max Webers
Ehrbegriff und seine Konzepte von der Funktion der
gerichtsförmig ausgetragenen öffentlichen
Differenzen, um seine Involvierung in die von Kreisen der
Expressionisten vor dem Ersten Weltkrieg in München, Berlin,
Heidelberg, Ascona, Wien, Graz und anderwärts als
paradigmatisch angesehene Affäre um die Einweisung des
Psychoanalytikers Dr. med. Otto Gross und dessen fragwürdige,
durch seinen Vater Prof. Hans Gross, Graz, betriebene
Entmündigung als Vater-Sohn-Konflikt wie auch um die Verfahren
von Frieda Gross gegen Hans Gross in ihrem Kampf um die Vormundschaft
für ihre Kinder Peter und Eva Verena. Die Verfahren werfen
u.a. auch ein Licht auf Max Webers private und öffentliche
Positionen innerhalb und außerhalb der Universität
gerade in Verfahren mit Presseöffentlichkeit und um die
Funktion der Presse, um seine Haltung zur anarchistischen Bewegung im
Kaiserreich und zu einigen ihrer Protagonisten sowie um seine
grundsätzliche Einstellung zu fundamentalistischen Bewegungen,
aber auch etwa zur zeitgenössischen Psychoanalyse Sigmund
Freuds, zu abweichenden Kultur- und Gesellschaftstheorien wie denen von
Otto Gross und zur linken literarischen und künstlerischen
Opposition im Kaiserreich. Die hier gerafft im
zeitgenössischen rechtlichen und rechtshistorischen Kontext
dargestellten prozessual und öffentlich ausgetragenen
Konflikte, mit ihrem Einsatz wichtiger psychoanalytisch von
Gross’schen Theorien beeinflussten Exponenten des
Expressionismus auf der Seite von Otto Gross, reichen in ihrer
Bedeutung über die Art und Weise der Weberschen
Prozessführung, über biografische, prozessuale und
pressehistorische Aspekte und Perspektiven der Biografie Max Webers -
der auch ein Meister der Prozessführung war - weit hinaus.
Götz von Olenhusen, Albrecht: Ehre,
Ansehen, Frauenrechte - Max Weber als Prozessjurist. In: Tiziana J.
Chiusi, Thomas Gergen und Heike Jung Hrsg.): Das Recht und seine
historischen Grundlagen. Festschrift für Elmar Wadle zum 70.
Geburtstag. Berlin: Duncker & Humblot 2008, S. 297-315. -
Schriften zur Rechtsgeschichte. Heft 139. - ISBN 978-3-428-12628-6;
ISSN 0720-7379
Interessenten für diese Publikation bzw.
Anfragen wegen Einzelheiten oder wegen Zusendung eines Abdrucks werden
gebeten, sich unter Angabe der Post- und E-Mail-Adresse zu wenden an: ra.goetz.von.olenhusen@t-online.de
PRESSEMITTEILUNG
Psychoanalyse
und Expressionismus - Spurensuche in Dresden: Internationaler Otto
Gross Kongress vom 3. - 5. Oktober 2008 in der Elbmetropole
9. September 2008 (iogg) - Vom 3. - 5. Oktober
2008 findet in Dresden der 7. Internationale Otto Gross Kongress statt,
der von der Internationalen Otto Gross Gesellschaft in Kooperation mit
der Sächsischen Wissenschaftlichen Gesellschaft für
Nervenheilkunde veranstaltet wird. Er steht unter dem Motto
"Fröstelnde Einsamkeit - Schrei nach Liebe. Otto Gross,
Psychoanalyse und Expressionismus".
Dresden gehört zu den Zentren des
frühen (Künstlervereinigung "Brücke") wie
des späten Expressionismus. Leben und Werk des
österreichischen Arztes, Psychoanalytikers und
Revolutionärs Otto GROSS (1877-1920) waren vorbildlich
für Dresdner Intellektuelle wie Bess BRENCK KALISCHER oder
Heinrich GOESCH, dessen Bruder Paul in Dresden-Laubegast bereits 1908
"das vielleicht schönste murale Dokument ... an der Grenze zum
beginnenden Expressionismus" (Fritz Löffler) geschaffen hat.
Die provozierenden Ideen von Otto Gross halfen den
Emanzipationsbestrebungen der jungen Generation auf der Suche nach
einer neuen Identität und beeinflussten bis weit ins 20.
Jahrhundert hinein die moderne Kultur.
Der mit namhaften Experten aus Deutschland,
Niederlande, Österreich, Schweiz, Ungarn und USA international
besetzte Kongress, der in der Kinder- und Frauenklinik des
Universitätsklinikums Dresden stattfindet, will dieser
Entwicklung nachspüren und die divergierenden Linien
aufzeigen, die zum Dialog von Wissenschaft und Kunst beigetragen haben.
So befasst sich Hans-Jürgen SARFERT
(Dresden) mit der "Bedeutung von Hellerau für den
Expressionismus", Prof. Dr. med. Albrecht SCHOLZ (Dresden) analysiert
"Oskar Kokoschkas Werk 'Die Freunde' im Zeitspiegel von Kunst und
Medizin in Dresden 1917/1918". Weiteren Protagonisten des
Expressionismus in Literatur und Malerei sind die Beiträge von
Prof. Dr. phil. Walter FÄHNDERS, Osnabrück
("Vatermord: Von Walter Hasenclever über Arnolt Bronnen bis
Mela Hartwig") und Esther BERTSCHINGER-JOOS, Zürich ("Ernst
Frick und seine Beziehung zu Frieda und Otto Gross") gewidmet.
Zentralen Beziehungen von Psychoanalyse, Politik
und gesellschaftlicher Entwicklung wenden sich Dr. phil. Bernd
NITZSCHKE, Düsseldorf ("Gross Reich Fromm. Wille zur Macht -
Sehnsucht nach Liebe"), Dr. phil. Gottfried HEUER, London ("'Das
heilige Dritte': Otto Gross' Konzept von 'Beziehung' aus heutiger
Sicht"), Prof. Dr. phil. Gottfried KÜENZLEN, München
("Otto Gross: Suche und Sehnsucht nach dem Neuen Menschen"), Prof. Dr.
phil. Gunter SCHMIDT, Hamburg ("Väter und Kinder der sexuellen
Revolution") und Dr. med. André KARGER, Düsseldorf
("Otto Gross und die Befreiung des Lebens") zu.
Wesentliche Detailfragen der Theorieentwicklung in
Medizin und Psychoanalyse diskutieren Dr. med. Thomas REUSTER
("Gross’ Suizid-Assistenz in medizinethischer Perspektive")
und Prof. Dr. med. Werner FELBER, beide Dresden ("Zur
Psychoseent-stehung bei Otto Gross und Heinrich Stadelmann"), sowie
Melinda FRIEDRICH ("Otto Gross und Sándor Ferenczi"), Dr.
phil. Péter György HÁRS und
István TAMÁS, Budapest ("Adaptive strategies in
psychoanalysis: Otto Gross, Sándor Ferenczi and
Sándor Radó").
Weitere Höhepunkte der Tagung sind:
- Eine Podiumsdiskussion zum
Thema "Otto Gross und die Kunst" mit Dr. phil. Gerhard DIENES (Graz),
Prof. Dr. phil. Erdmute Wenzel WHITE (West Lafayette, Indiana, USA) und
Prof. Dr. phil. Jennifer MICHAELS (Grinnell, Iowa, USA), moderiert von
Dr. jur. Albrecht GÖTZ VON OLENHUSEN (Freiburg i.Br.);
- die Präsentation
des Dokumentarfilms "Die Vatersucherin“ der Filmemacherin
Sandra LÖHR (Berlin) über Sophie TEMPLER-KUH, Tochter
von Otto Gross und Ehrenpräsidentin der Internationalen Otto
Gross Gesellschaft (die auch beim Kongress anwesend sein wird);
- eine Ausstellung mit Werken
von Paul GOESCH, initiiert von der Kölner Kunsthistorikerin
Dr. phil. Stefanie POLEY, und
- eine Abendveranstaltung in
Zusammenarbeit mit der Sächsischen Akademie der
Künste mit einer Lesung aus dem Roman "Sophie. Der Kreuzweg
der Demut" von Franz JUNG (Sprecher: Hanns-Jörn WEBER,
Dramaturgie: Saskia LEISTNER) und der Vorstellung eines archivalischen
Fundes ("Otto Gross in Hellerau. Begegnungen bei der Rast zwischen Graz
und Berlin") von Dr. jur. Albrecht GÖTZ VON OLENHUSEN. Musik:
"Bassnachtigall“. Drei Stücke für
Kontrafagott von Erwin SCHULHOFF (Solist: Andreas WILKE). Die
Veranstaltung findet im "Blockhaus", Neustädter Markt 19,
statt.
Der Tagungsbeitrag beträgt 60 Euro,
Tageskarten sind zum Preis von 20 Euro erhältlich. Die
Veranstaltung wurde von der Sächsischen
Landesärztekammer als Fortbildungsveranstaltung (14 Punkte)
anerkannt.
HINWEIS FÜR DIE PRESSE:
Die Referentinnen und Referenten stehen für Interviews zur
Verfügung. Eine Pressemappe kann angefordert werden bei:
Raimund Dehmlow, Internationale Otto Gross Gesellschaft e.V.,
Kirchröder Str. 44F, D-30625 Hannover, E-Mail: rdehmlow@onlinehome.de
WEITERE INFORMATIONEN UND ANMELDUNG:
Prof. Dr. med. Werner Felber, Klinik und Poliklinik für
Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Carl
Gustav Carus Dresden, Fetscherstr. 74, D-01307 Dresden, Tel.:
+49/(0)351/4582032, E-Mail: werner.felber@mailbox.tu-dresden.de
Pressemitteilung zum Download (pdf-Datei, 124 KB):
www.ottogross.org/deutsch/pdf/PM_Dresden.pdf
Programm der Abendveranstaltung zum Download
(pdf-Datei, 352 KB): www.ottogross.org/deutsch/pdf/Avantgarde.pdf
Hans
Gross und seine Erben *
Von Dr. jur. Albrecht Götz von Olenhusen,
Freiburg i.Br.
17. Februar 2008 - "Hans Gross - ein
Leben für die Kriminologie" - diese jüngste
Darstellung des Grazer Rechtshistorikers Gernot Kocher zusammen mit
Thomas Mühlbacher, Oberstaatsanwalt in Graz, zur Biografie und
wissenschaftlichen Karriere von Hans Gross stellt nicht nur
die wichtigsten Lebensdaten des späteren Professors
für Strafrecht und Strafprozessrecht zusammen. 1847 in Graz
geboren wird er nach 23 Jahren im als Staatsanwalt,
Untersuchungsrichter und Landesgerichtsrat im Staatsdienst 1898 endlich
Professor in Czernowicz, bis er über Prag (1905)
schließlich das Ziel, die Professur in Graz erreicht. Seine
wissenschaftliche Karriere wurde durch das alsbald weltweit bekannte
"Handbuch des Untersuchungsrichters" (1893), durch seine
"Kriminologische Sammlung" (1895), durch eine Reihe grundlegender und
einflussreicher Publikationen, mit der Gründung des "Archivs
für Kriminalanthropologie und Kriminalistik" (1898)
entscheidend befördert und schließlich
durch das Kriminalistische Institut (1912) gekrönt. Die
"Realien des Strafrechts" standen schon während seiner Zeit
als Staatsanwalt und Richter im Zentrum seiner Interessen. Dank seiner
Fachkurse für Justizkandidaten und Polizeibeamte in den
neunziger Jahren entwickelte er die "gerichtliche Untersuchungskunde"
zu einer geschlossenen Disziplin. Er fand dabei Anregungen und
Unterstützung durch den Strafrechtler Franz von Liszt.
Während in den Jahren seit Beginn der
Jahrhundertwende Einfluss und Ruhm von Hans Gross - gleichsam
ein Sherlock Holmes der aufkommenden
naturwissenschaftlich arbeitenden Kriminalwissenschaften - in
aller Welt ansteigen, wird seine private Existenz durch den bekannten
Vater-Sohn-Konflikt mit seinem Sohn Otto (1877-1920) aufs schwerste
belastet. Für die Generation der expressionistischen
Avantgarde und Moderne wird diese scheinbar rein familiäre
Differenz zu einem Exempel, das kurz vor dem Ersten
Weltkrieg bekannte Schriftsteller wie Franz Jung, Simon Guttmann,
Erich Mühsam, Johannes Nohl, Ludwig Rubiner,
Leonhard Frank, Guilleaume Appollinaire und viele andere sowie
alsdann Zeitschriften und schließlich
auch die Presseöffentlichkeit in Österreich
beschäftigt. Auch Max Weber und andere Wissenschaftler werden
in den Fall involviert oder engagieren sich, allerdings nicht
alle auf Seiten von Otto Gross, sondern für Frieda
Gross und deren Kampf um ihre Kinder gegen Hans Gross. Die
in zahlreichen Publikationen über diesen Konflikt
oftmals nur negativ konnotierte Persönlichkeit von Hans Gross
tritt in seiner familiären Korrespondenz aufs Eindrucksvollste
und mit durchaus sympathischen Zügen hervor. Die rund 400, ein
sensibleres, differenzierteres Charakter- und Lebensbild zeichnendes
Bild zeigenden Familienbriefe konnte Gernot Kocher
für das von ihm wieder zu einem wissenschaftlich und
öffentlich wirksamen Zentrum der Forschung,
Archiv und Anschauungsinstrument der historischen
Strafrechtswirklichkeit gestaltet hat, für das Museum erwerben
und bei Tagungen der Internationalen Otto Gross Gesellschaft in Graz
und Zürich in aufschlussreichster Weise vorstellen. Damit wird
eine weitere Seite dieses für die Wissen schafts- und
Praxisentwicklung von Kriminologie und Kriminalistik so bedeutsamen
Charakters deutlicher und mit seinen Ambivalenzen und
Zwischentönen sichtbarer.
Mit seinen weitreichenden, auf die praktischen
Anforderungen der Polizei, der Staatsanwaltschaften und
Untersuchungsrichter zielenden Publikationen, etwa dem Lehrbuch
für den Ausforschungsdienst der k.k. Gendarmerie (1895) und
dem Kompendium "Die Erforschung des Sachverhalts strafbarer Handlungen"
(1902) war Hans Gross' Zielgruppe in erster Linie das
Personal der Sicherheitsdienste, auch wenn er zugleich eine
hochschulmäßige Ausbildung anstrebte. Hier konnte er
schließlich nach harten, zielstrebig ausgetragenen
Kämpfen die Fundamente der Grazer Schule der Kriminologie
legen (Christian Bachhiesl: Von Adolf Lenz bis Gerth Neudert), in
seiner Person und seinem Werk verbanden sich Kriminologie und
Kriminalistik wie Kriminaltechnik, Graphologie, Ballistik, typologische
Theorien von Täterpersönlichkeiten und -gruppen,
Ursachenforschung mit Methoden der Aufklärung.
Naturwissenschaftliche Methoden fanden Eingang, die
"Criminalpsychologie", so der Titel eines weiteren Werkes von Hans
Gross, sollte bei der Ausforschung von Tätern und Zeugen
Hilfestellung leisten. Hans Gross und sein Nachfolger Adolf Lenz
(1868-1969) gingen auf Distanz zur Kriminalanthropologie
eines Cesare Lombroso. Die dann vor allem von Lenz enwickelte
Kriminalbiologie sollte in den folgenden Jahrzehnten auch in bestimmten
"Tätertypen" kulminieren. Lenz als Vertreter des
österreichischen Ständestaats verlor nach dem
Anschluss Österreichs an Deutschland seine Stellung. Die
Geschichte der Grazer Kriminologie und ihrer Protagonisten
während der NS-Zeit und Nachkriegsepoche hat
der Historiker und Jurist Christian Bachhiesl in dieser und
in anderen seiner Arbeiten minutiös und sachkundig
nachgezeichnet, auch wenn diese Wissenschaft nur mehr als
Hilfswissenschaft des Strafrechts begriffen wird. In neueren
strafrechtlichen, kriminologischen und rechtshistorischen Forschungen
wird hier an die renommierte, für die Kriminologie seit Ende
des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts maßgebliche Schule
der Grazer Kriminologie angeschlossen.
Der Neuaufbau, die Erschließung und
Präsentation des Gross'schen Kriminalmuseums im Jahre 2003
durch Gernot Kocher und seine Mitarbeiter legen dafür ein
weiteres, vielfach national und international beachtetes,
wirkungsvolles Zeugnis ab. Im Kontext dazu stehen die von Dr. Gerhard
Dienes, Graz, und Dr. Ralf Rother, Wien, früher konzipierte
und weithin beachtete Ausstellung mit wissenschaftlicher
Begleitpublikation "Die Gesetze des Vaters" (Graz 2003, Publikation mit
dem gleichen Titel Wien: Böhlau 2003). Sie bildeten Anregung
und Grundstein für das weitausgreifende dreiteilige
international ausgerichtete Ausstellungsprojekt in Rijeka mit
einem wissenschaftlich und interdisziplinär ausgestalteten
Katalog, der die unterschiedlichen Ausgangspunkte und Facetten der
Gesamtthematik aufs Beste vereinigt.
Es wurde vom Grazer Landesmuseum Joanneum mit
seinem Direktor Dr. Wolfgang Muchitsch, Dr. Gerhard Dienes
und Prof. Dr. Gernot Kocher, Karl-Franzens-Universität
Graz, sowie dem Museum der Stadt Rijeka konzipiert (unter
Mitwirkung des bekannten Ausstellungsarchitekten Gerhard E. Kuebel)
getragen Unter dem einprägsamen und
assoziationsreichen "Übertitel" "Vaterstaat - Muttersohn"
wurden hier in einer Ausstellung im Jahre 2007 - zweisprachig auf
Deutsch und Kroatisch - die Themenbereiche einer Kriminologie und
Strafrechtswissenschaft zwischen Tradition und Neubeginn um die
Jahrhundertwende, eines paradigmatischen und nicht allein auf das
tragische Familiendrama zwischen Hans Gross und seinem Sohn Otto, dem
psychoanalytischen Dissidenten und Anarchisten, reduzierten
Generationenkonflikts versammelt. In drei Sektionen wurden auf diese
Weise, eingebettet in die historischen Aspekte Rijekas und seiner
"Patriarchen", die in Graz mit seiner nachwirkenden Ausstellung und dem
zeitgleich stattfindenden Kongress der Internationalen Otto Gross
Gesellschaft (2003) aufgenommenen und bearbeiteten Themen inhaltlich,
mitteleuropäisch und die wissenschaftlichen Grenzen fruchtbar
überschreitend fortentwickelt.
Dabei spielte die interessante, historisch wie
theoretisch bemerkenswerte Konstellation eine Rolle, dass ausgerechnet
die Adria-Inseln dem staatlich geprüften und diskutierten
Vorhaben dienen sollten, dort jene Strafkolonien zu errichten, welche
in der Strafrechts- und Strafvollzugswissenschaft um 1900
als denkbarer oder willkommener Ausweg aus dem Dilemma
betrachtet wurden, die als unbelehrbar, unheilbar, degeneriert,
politisch und gesellschaftlich nicht akzeptabel und asozial
betrachteten Personengruppen aus der bürgerlichen Gesellschaft
sei es für Zeit, sei es auf Dauer kostengünstig aus
Sichtweite zu entfernen, als sie immer wieder in heimische
Gefängnisse einzusperren. Gerhard Dienes hat in einem
brillanten Konzept ("Väter und Söhne") den sachlichen
und personellen Kontext zwischen Hans und Otto Gross, Sigmund
Freund und Franz Kafka, zwischen Kriminologie und Psychiatrie,
Deportation und Gefängniskunde, Aussteigerszenarios und
Anarchie, Revolution und Psychoanalyse als Beziehungsgeflecht
aufgezeigt. So wie zum Beispiel Hans Gross mit Sigmund Freud, mit
Auguste Forel und Emil Kraepelin in Austausch und Verbindung stand, so
studierte Franz Kafka in Prag bei Hans Gross. Und Generationen von
Germanisten, Philologen und Kulturwissenschaftlern forschen bis heute
über die Aus- und Nachwirkungen von Hans Gross auf Kafkas
Werke wie "Der Process" und "In der Strafkolonie". "Meine Reise in die
Strafkolonien" (1913), von Robert Heindl verfasst (auch einem
Kriminalisten, der in engem Zusammenhang mit diesen Zeitthemen und mit
Hans Gross stand), hieß ein damals vielbeachtetes Werk.
Hans Gross machte sich in diesen
Jahren wissenschaftlich fundierte Gedanken über die
Deportation als Mittel des Strafvollzugs. Es gehört zu den
zeitlich wie räumlich bemerkenswerten "Zufällen" der
Geschichte, daß die Adria-Inseln wie Unije, Susak, Krk, San
Andrea, Cres und Plavnik für rechtspolitische
Konzepte von Strafkolonien in Betracht gezogen
wurden, während viele von ihnen andererseits als Refugium
für Lebensreformer, Anarchisten, Naturisten
gewissermaßen als "Liebesinseln" genutzt wurden. Zu solchen
touristischen Besuchern und "Aussteigern", die später auch
Ascona und das Tessin überhaupt als mythologisch, kultisch
oder in anderer Weise ideologisch aufgeladenen Ausfluchts- und als
Wohnort bevorzugten, zählten auch Frieda Gross und Ernst
Frick, Otto Gross und Sophie Benz. Den biografischen
Zusammenhängen und den theoretischen Konzepten von Otto
Gross wird hier (durch Gottfried Heuer) ebenso in
biografisch-theoretischer Absicht eindringlich Rechnung getragen wie
der Genese und Geschichte des Lagers (als Spiegel, Ort der Moderne,
Machtsystem eigener Art und Paradigma) in dem Beitrag von
Ralf Rother. Dass sich Generationenkonflikte der Art, wie sie sich in
der Familie von Hans Gross manifestierten, auch in der Geschichte
Rijekas und Kroatiens realisierten, haben weitere Autoren dargestellt
(Ervin Dubrovic, Tonko Maroevic, Mladem Urem). Janko Polic Kamov, ein
anarchistischer Schriftsteller Kroatiens wird dabei als ein
prägnantes Beispiel für die tiefgreifenden Wirkungen
der Werke Lombrosos und Freuds auf einen Künstler
vorgestellt, für die Faszination etwa des Autors Kamov durch
die auch mythologischen, die künstlerischen Inspirationen
anregenden Figuren des Genies, des Irrsinnigen und des Verbrechers -
die, wie es einmal heißt, im Augenblick des
schöpferischen Schaffens zusammentreffen.
* Zugleich
Besprechung des Begleitbuchs zur Ausstellung in Rijeka: Museum der
Stadt Rijeka/Landesmuseum Johanneum Graz/Karl Franzens
Universität Graz (Hrsg.): Vaterstaat - Muttersohn. Autoren und
Redaktion: Gerhard M.Dienes, Ervin Dubrovic, Gernot Kocher.
Rijeka: Museum der Stadt Rijeka 2007. 227 S. m. Abb. (Katalog zur
Ausstellung in Rijeka 12.6. - 17.8.2007). Zweisprachig Deutsch und
Kroatisch.
Otto
Gross als Mitspieler in einer Krimiserie
Von Prof. Dr. phil. Piet Tommissen, Brüssel
5. Februar 2008 - Ich war völlig
überrascht, als ich in der Namensliste der Damen und Herren,
die am 4. Internationalen Otto Gross Kongreß in Graz (24.-26.
Oktober 2003) teilgenommen haben, auf den Namen einer
Landsmännin stieß: 'Mieke de Loof,
Antwerpen' [1].
Da ich mich für Gross interessier(t)e und sogar behilflich
sein konnte bei der Zusammenstellung seiner gedruckt vorliegenden
(inzwischen längst überholten) Bibliographie [2]
entschloß ich mich kurzerhand, diese Dame zu kontaktieren. Es
war allerdings keine Sinekure, ihre Adresse und Näheres
über ihre Person ausfindig zu machen. Gottlob war Herr
Henri-Floris Jespers (geb. 1944), Herausgeber der Zeitschrift Mededelingen
(Antwerpen), deren Mitarbeiter ich bin,
behilflich. Am 18. Januar 2006 war ich endlich in der Lage, mich
brieflich mit Frau de Loof in Verbindung zu setzen. Seitdem sind
mehrere, teilweise recht interessante Briefe gewechselt worden und am
16. Januar 2007 ist es zu einer Begegnung gekommen.
Dank dieser Kontakte erfuhr ich, daß
Frau Mieke de Loof am 3. Oktober 1951 in der flämischen
Kleinstadt Aalst als Tochter eines Arztes geboren wurde und in
Löwen erfolgreich Soziologie und Philosophie studiert hat. Sie
wurde 1978 von der Universität Antwerpen mit einem
Spezialstudium (die Arbeitsunfälle) beauftragt und 1981 als
Dozentin eingestellt. Ein Jahr früher hatte sie ein
Bühnenstück mit und für Jugendliche
marokkanischer Herkunft geschrieben. Und 1982 verfaßte sie
mit ihrem Vater ein Buch über die Folgen eines Atomkrieges [3].
Um die tagtägliche Wirklichkeit kennen zu
lernen, war Frau de Loof ab 1987 fünf Jahre nebenberuflich als
Chauffeur tätig und ab 1992 hat sie am Wochenende in einer
Antwerpener Nachtkneipe gearbeitet. Außerdem lernte sie
Kyokushin-karateka. 1998 nahm sie jedoch ihren Abschied als Dozentin,
um voll und ganz ihren schriftstellerischen Neigungen nachgehen zu
können. Sie plante zunächst eine Biographie der
Schwester des von ihr bewunderten Philosophen Ludwig Wittgenstein
(1889-1951), Gretl Wittgensein (1882-1958). Aus diesem Grunde hat sie
Wien wiederholt besucht.
Abermals bewährte sich jedoch das
Sprichwort: 'Der Mensch denkt, Gott lenkt'. In Wien wurde Frau de Loof
klar, daß Mittel-Europa im allgemeinen und die Hauptstadt der
k.u.k. Monarchie im besonderen zwischen 1913 und 1918 das Laboratorium
Europas gewesen sind. Hier wurde in politischer,
künstlerischer, wissenschaftlicher Hinsicht tüchtig
experimentiert. Sie ließ das Projekt Gretl Wittgenstein
fallen und konzipierte eine siebenbändige Krimiserie.
In einem Interview hat sie ihr Ziel
folgendermaßen genau umschrieben: "Dasjenige was mir mit dem
ganzen Zyklus vor Augen steht, ist eine Untersuchung über die
Archäologie der Macht. Wie funktioniert Macht? Ist jemand in
der Lage sie umzugestalten, bis in der Perversität, ohne sich
davon bewußt zu sein?" [4] In einem anderen Interview hat
sie auch ihr Arbeitsverfahren unzweideutig enthüllt: "In der
Malerei, z.B. im Falle der flämischen Primitiven, werden viele
Farbschichten angebracht: so gehe ich auch vor. Jeder Band ist eine
Schicht. Nach der siebten Schicht hat man ein gutes Bild des
habsburgischen Reiches jener Zeit." [5]
Dazu gehört Forschung: jeder Band
erfordert mehrere Monate Sucharbeiten in Archiven sowie Versuche sich
in der Atmosphäre bestimmter Gebäude bzw.
Einrichtungen einzuleben. Übrigens lernte Frau de Loof im Jahr
ihrer Entscheidung für die Literatur (1998) sowohl Otto Gross
als Erich Mühsam (1878-1934) kennen. Und zwar in der von
Harald Szeemann (1933-2004) zusammengestellten Ausstellung 'Austria im
Rosennetz, visionäres Österreich', die im Palast der
Schönen Künste (jetzt: Bozar) in Brüssel
gezeigt wurde. Diese 'Entdeckung' hatte zu Folge, daß sie -
wie bereits oben gesagt - zur Gross-Tagung in Graz gepilgert ist.
Nach ihrer Rückkehr in Antwerpen hat sie
sich an die Arbeit gesetzt und den ersten Band ihrer Serie geschrieben.
Das Grazer Zentralthema, d.h. das Vater-Sohn-Verhältnis, ist
in diesen Roman unmittelbar eingegangen, indem die
erdrückende, ja stickige patriarchalische Gesellschaft jener
Zeit an Hand der Hauptperson und ihres Opfers im Mittelpunkt steht.
Er spielt sich 1913 in Wien ab. Der Jesuit und als
Geheimagent ausgebildete Kasveri Ignatz von Oszietsky erhält
von seinem Provinzial, Pater Hermann Wolf, den Auftrag, an Ort und
Stelle herauszufinden, warum der am Hof der Habsburger tätige
katholische Spion nicht länger verlässlich ist und
eine Gefahr darstellt. Kasveri ist in mancher Hinsicht ein Originaltyp:
er raucht keine Pfeife und trinkt kein Bier, sondern begnügt
sich mit der vom Jesuiten Baltasar Gracián y Morales
(1601-1650) gesammelten Maximen, dem nach 1945 in West-Europa viel
gelesenen Handorakel.
Es ist nicht möglich, die Erlebnisse des
Paters Kasaveri, die Schachzüge der aktiven jüdischen
Meisterspionin Fürstin Elisabeth von Thurn, die Handlungen
anderer Personen, d.h. das Intrigenspiel zusammenzufassen.
Demgegenüber geht es nicht an, die 'Anwesenheit' von Vater und
Sohn Gross zu ignorieren: es ist ja wohl zum ersten Mal, dass sie in
einem Kriminalroman ihre Aufwartung machen! Dass Kasaveris eingebaute
Rekonstruktion im großen und ganzen den Fakten entspricht,
möge der nachfolgende Abschnitt beweisen [6].
Während eines Besuches in Graz bittet der
Vater den befreundeten Kasaveri seinem Sohn seine angeblichen Wahnideen
auszureden. Der gibt nicht nach und begibt sich zu dem befreundeten
Ehepaar Margot und Franz Jung. Eine Kontaktperson erzählt
Kasveri, daß Freund Otto gefährdet ist. Er
entschließt sich zu einer Intervention, um die Pläne
des Vaters zu hintertreiben. Er trifft aber zu spät in Berlin
ein, denn Otto war gerade von der Polizei verhaftet worden. Etwas
später drückt Peter Provinzial ihm ein Exemplar der
Pariser Tageszeitung Le Figaro in die Hand und
liest er den Protestartikel des französischen Schriftstellers
Blaise Cendrars (1887-1961).
Mit dem Erscheinen des 'Erstlings' der Frau de
Loof war ein neuer Wind in die flämische Thrillerliteratur zu
spüren. Er hat es wohl seiner Originalität zu
verdanken, daß ihm der begehrte Preis Hercule Poirot zu Teil
wurde. Der von der zuständigen Jury gefaßte
Beschluß ist kaum beanstandet worden; der einzige ernsthafte
Vorwurf war die spürbare Erudition, die als die eherne Folge
der Ausbildung der Autorin gedeutet wurde. Der Roman ist im selben Jahr
(2004) zweimal nachgedruckt worden - der beste Beweis, dass er auf
fruchtbaren Boden gefallen war.
Im zweiten Roman fehlt Otto Gross. Wenigstens
unmittelbar, denn nicht umsonst spielt die Geschichte sich ab in der
ehedem modernste Heil- und Pflegeanstalt für Nerven-
und Gemütskranke Steinhof, dem derzeitigen Otto
Wagner Spital. Einerseits wurden geisteskranke Mitglieder
adliger Familien luxuriös und geisteskranke Leute aus
niedrigeren Schichten kümmerlich gepflegt, andererseits
tüchtig Therapien ausprobiert, vom Schlammbad bis zum
Elektroschock. Aus der Sicht von Frau de Loof handelte es sich um den
am besten geeigneten Ort, um Personen zu skizzieren, die in der Welt
des Wahns leben [7].
Es ist erwähnenswert, daß die
Autorin in dieser Anstalt Freunde und Feinde zusammenführt der
vom Monsignore Umberto Benigni (1862-1934) zur Bekämpfung des
sog. Modernismus aus der Taufe gehobenen erzkatholischen
Geheimorganisation Sodalitium Pianum. Sie
verfügten über eine Geheimschrift (die Roich)
und versteckten sich hinter Pseudonymen. Diese Organisation wurde am 8.
Dezember 1921 vom Pabst Benedikt XV. (= Jakob della Chiesa; 1854-1922)
aufgehoben.
Im nächsten Band der Serie soll der Maler
Egon Schiele (1890-1918) seine Aufwartung machen, in einem
späteren Band (wahrscheinlich der fünfte) die
Pflegeanstalt zum zweiten Male als der zentrale Ort der Geschehnisse
fungieren und Otto Gross wiederum präsent sein. In welcher
Eigenschaft er auftreten wird, ist vorläufig ein Geheimnis.
Als Psychiater, als Patient, als Patient-Psychiater? Frau de Loof
verweigert die Aussage. Es steht allerdings fest, daß die
Essenz der Vorfälle wichtiger sein wird als die komplizierten plots
der beiden ersten Bücher und die
historische Annäherung weichen muß für eine
philosophische (existententielle?). Die Autorin verspricht in jedem
weiteren Band ihr Leitmotiv die Treue zu halten: "Nichts ist wie es
anmutet und hinter allem lauern Doubletten."[8], oder
anders formuliert: Wahrheit und Lüge durchkreuzen sich
andauernd, sodaß es außerordentlich schwierig ist,
die Quintessenz der Realität herauszuschälen.
Zu guter Letzt möchte ich noch
unterstreichen, daß Frau de Loof keine wissenschaftlichen
Traktate, sondern Krimis schreibt. Darum darf sie sich gelegentlich
eine Verdrehung der historischen Wahrheit erlauben. In einem recht
informativen Nachwort zum zweiten Band zitiert sie ein schönes
Beispiel: sie führt Julius Wagner Jauregg (1857-1940) als
Direktor der Heilanstalt Steinhof auf, obschon er es nie gewesen ist [9].
[1] Albrecht Götz von
Olenhusen (geb. 1935) und Gottfried Heuer (geb. 1944) (Hrsg.). Die
Gesetze des Vaters. 4. Internationaler Otto Gross Kongress. Marburg:
Verlag Literatur Wissenschaft. de, 2005, 497 S.; cf. S. 490.
[2] Raimund Dehmlow
(°1952) und G. Heuer (Hrsg.), Otto Gross. Werkverzeichnis
und Sekundärschrifttum, Hannover: Laurentius Verlag.
1999, 108 S.; cf. S. 94.
[3] Jef de Loof en Mieke de Loof,
En niemand hoort je huilen (= Und kein
Mensch hört dich weinen), Löwen: Kritak, 1982, 107 S.
[4] Jooris
van Hulle, "Mieke de Loof over haar 'geestelijke' misdaadliteratur", in
Tertio (Antwerpen), 8. Jahrg., 24.
Januar 2007, S. 11
[5] Inneke von den Bergen,
"Interview Mieke de Loof. "Literatur is antidotum tegen
fundamentalisme", in De Volkskrant (Holland), 13. Oktober 2006, S. 25.
[6] M. de
Loof, Duviels offer (=Satanisches Opfer),
Antwerpen: The House of the Books, 2004, 174 S.: cf. S. 71-77 (die
Gespräche mit Hans Gross), 89-96 (Die Unterhaltung mit Otto
Gross), 148-152 (die Verhaftung von Otto Gross), S. 168-170 (die Aktion
zugunsten von Otto Gross).
[7] M. de Loof, Labyrinth
van de waan (=Labyrinth des Wahns). Antwerpen: The House of
the Books, 2006, 205 S. 2007 ist eine korrigierte Neuauflage erschienen.
[8] M. de Loof, ob. cit. (FN 6),
S. 14.
[9] M. de Loof, op. cit. (FN 7),
S. 211-215; cf. S. 212.
Über den Autor:
Prof. Dr. Piet Tommissen, Brüssel. Zu
seinen wissenschaftlichen Werken, u.a. zu Pareto, Ernst
Jünger, Carl Schmitt, Otto Gross cf. Bibliographie, S. 263 -
317 (etwa 500 Titel) in: Liber amicorum Piet Tommissen, La Hulpe: Apsis
2000, 319 S.
Neuerscheinung:
... da liegt der riesige Schatten Freud’s nicht mehr auf
meinem Weg. Die Rebellion des Otto Gross / Kongressband vom 6.
Internationalen Otto Gross Kongress in Wien liegt vor
15. Januar 2008 - Unter dem Titel "... da liegt
der riesige Schatten Freud’s nicht mehr auf meinem Weg. Die
Rebellion des Otto Gross" liegt jetzt der Kongressbericht vom 6.
Internationalen Otto Gross Kongress, der vom 8. - 10. September 2006 in
Wien stattfand, vor. Die Veröffentlichung präsentiert
sämtliche Vorträge der Tagung.
Der Kongress wurde von der Internationalen Otto
Gross Gesellschaft in Kooperation mit dem
Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung,
der Universitätsklinik für Tiefenpsychologie
und Psychotherapie der Medizinischen Universität
Wien, dem Institut für Geschichte der Medizin der
Medizinischen Universität Wien, dem Institut
für Wissenschaft und Kunst, Wien, und der
Österreichischen Gesellschaft für
arzneimittelgestützte Behandlung Suchtkranker
(ÖGABS) veranstaltet.
|
Raimund Dehmlow, Ralf Rother und Alfred
Springer (Hrsg.)
... da liegt der riesige Schatten
Freud’s nicht mehr auf meinem Weg. Die Rebellion des Otto
Gross. 6. Internationaler Otto Gross Kongress. Wien, 8.-10. September
2006
Marburg an der Lahn: Verlag
LiteraturWissenschaft.de (TransMIT), 2008
558 Seiten, ISBN 978-3-936134-21-6, Preis: 29,60 EUR
|
"... da liegt der riesige Schatten Freud's jetzt
nicht mehr auf meinem Weg“ schrieb der
österreichische Arzt, Psychoanalytiker und
Revolutionär Otto Gross (1877-1920) in einem Brief an Frieda
Weekley (geb. von Richthofen) und umriss damit seine
Bemühungen um eine Anwendung der psychoanalytischen
Methode auf die gesamtgesellschaftlichen Strukturen. Gross
entwickelte ein wissenschaftliches Konzept, das in dem Satz
"Die Psychologie des Unbewussten ist die Philosophie der
Revolution“ zusammengefasst werden kann. Dieses
Konzept setzte darauf, die mit therapeutischer Hilfe erreichte
Bewusstmachung unbewusster Vorgänge zur
sozialen Veränderung und damit zur Rebellion gegen
die herrschenden patriarchalischen Strukturen zu nutzen.
Zahlreiche Referentinnen und Referenten aus
Österreich, Deutschland, der Schweiz,
Großbritannien, Japan und den USA widmeten sich in
ihren Vorträgen Einzelfragen der Geschichte der
Medizin, Psychiatrie, Philosophie und Psychoanalyse. Weitere
Schwerpunkte der Veranstaltung lagen auf den Themenbereichen
"Trauma, Schmerz und Sucht“,
"Emanzipation“ und "Caféhaus“ und
griffen zentrale Lebensfragen von Otto Gross und der jungen
Generation des 20. Jahrhunderts auf. Ein weiterer
Themenkomplex des Kongresses behandelte "Otto Gross und
die Frauen“ und beschäftigte sich u.a. mit
der Schweizer Schriftstellerin Regina Ullmann, der Malerin
Sophie Benz und den Schwestern Else und Frieda von Richthofen.
Weitere Informationen: Inhaltsverzeichnis;
Bestellen
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